Urteil Nr. B 11 AL 21/17 R des Bundessozialgericht, 2018-10-23

Judgment Date23 Octubre 2018
ECLIDE:BSG:2018:231018UB11AL2117R0
Judgement NumberB 11 AL 21/17 R
CourtDer Bundessozialgericht (Deutschland)
Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

Im Streit ist höheres Alg vom 17.9.2014 bis 16.12.2015.

Der 1964 geborene Kläger war vom 12.11.2007 bis 11.11.2009 als Aushilfe beschäftigt und bezog anschließend vom 12.11.2009 bis 28.2.2010 Alg. Vom 1.3.2010 bis Januar 2012 war er als Redakteur einer Internet-Zeitung selbstständig tätig und bis zum 31.12.2010 freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichert.

Am 15.7.2012 nahm der Kläger im Rahmen eines Bundesfreiwilligendienstes (BFD) nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) eine Tätigkeit in einer Werkstatt für körperbehinderte Menschen auf. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden war ein Taschengeld in Höhe von monatlich 195 Euro, ein Verpflegungskostenzuschuss in Höhe von monatlich 125 Euro und eine weitere Geldersatzleistung in Höhe von monatlich 125 Euro für Unterkunftskosten und Arbeitskleidung vereinbart. Die Einsatzstelle verpflichtete sich zur Entrichtung gesetzlicher Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 180 Euro. Das Ende des BFD war für den 14.7.2013 vorgesehen. Ab dem 19.3.2013 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Er bezog vom 30.4.2013 bis 25.5.2014 Krankengeld, vom 26.5.2014 bis 16.6.2014 Übergangsgeld wegen der Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme und vom 17.6.2014 bis 16.9.2014 wiederum Krankengeld bis zur Aussteuerung.

Zum 17.9.2014 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg, das die Beklagte wegen der noch fehlenden Arbeitsbescheinigung zunächst vorläufig ab dem 17.9.2014 für 450 Kalendertage in Höhe von täglich 6,26 Euro bewilligte (Bescheid vom 19.9.2014). Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, sein letztes Gehalt sei das steuerfreie Taschengeld gewesen. Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums blieben Zeiten einer Beschäftigung als Freiwilliger im Sinne des BFDG außer Betracht, wenn sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 344 Abs 2 SGB III bestimme. Deshalb komme eine fiktive Einstufung infrage.

Nach Eingang der Arbeitsbescheinigung bewilligte die Beklagte auf der Grundlage der bescheinigten Verdienste während des BFD abschließend Alg ab dem 17.9.2014 für 450 Kalendertage in Höhe von täglich 7,36 Euro (Änderungsbescheid vom 2.10.2014) und wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2014). Zuvor hatte sie die Leistungsbewilligung mit Wirkung ab dem 30.10.2014 wegen eines zu Unrecht angenommenen Endes der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall aufgehoben (Bescheid vom 27.10.2014), auf den Widerspruch des Klägers diesen Aufhebungsbescheid jedoch wieder zurückgenommen (Bescheid vom 4.12.2014) und Alg ab dem 29.10.2014 in bisheriger Höhe bewilligt (Änderungsbescheid vom 4.12.2014).

Die auf höheres Alg gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 23.11.2015). Die Berufung des Klägers blieb erfolglos (Urteil des LSG vom 7.11.2017). Eine fiktive Bemessung komme nicht in Betracht. Die von dem Kläger ausgeübte Tätigkeit im Rahmen des BFD sei als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen und das gezahlte Taschengeld zuzüglich der weiteren Leistungen als Arbeitsentgelt anzusehen. Diese habe der Kläger im Bemessungsrahmen für insgesamt 225 Tage bezogen, sodass es der Bemessung zugrunde zu legen sei. Eine Sonderbemessung des Alg auf der Grundlage des § 344 Abs 2 SGB III komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht unmittelbar vor der Aufnahme des BFD am 15.7.2012 versicherungspflichtig gewesen sei. Für die Ermittlung des Leistungsentgelts sei es unerheblich, ob Teile des im Bemessungszeitraum bezogenen Entgelts steuerfrei gewesen seien.

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 344 Abs 2 SGB III iVm § 152 SGB III. Im Rahmen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Unmittelbarkeit" iS von § 344 Abs 2 SGB III müsse sein gesamtes Erwerbsleben Berücksichtigung finden, sodass noch ein Bezug zu der vorhergehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung hergestellt werden könne. Außerdem habe im Rahmen der konkreten Berechnung des Alg kein Abzug für Lohnsteuer erfolgen dürfen. Dies verletzte ihn in eigentumsgleichen Rechten.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 7. November 2017 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 23. November 2015 sowie den Bescheid vom 2. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung gemäß § 152 SGB III zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat ohne Verletzung von Bundesrecht (vgl § 162 SGG) die Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Es besteht kein Anspruch des Klägers auf höheres Alg.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen allein der Bescheid der Beklagten vom 2.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2014, durch den Alg abschließend bewilligt wurde. Der Bescheid über die vorläufige Leistungsbewilligung vom 19.9.2014 ist im Widerspruchsverfahren durch diesen Bescheid ersetzt worden und hat sich dadurch erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl nur BSG vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 38 RdNr 13; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 RdNr 102, 200, Stand August 2018). Der Bewilligungsbescheid vom 2.10.2014 ist nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 4.12.2014 (Wiederbewilligung von Alg für die Restanspruchsdauer), weil dieser trotz seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid in Anbetracht des Bewilligungsbescheids vom 2.10.2014 nur eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsgehalt darstellt. Wegen der Rücknahme des Aufhebungsbescheids vom 27.10.2014 verbleibt es bei der ursprünglichen Leistungsbewilligung, über die der Bescheid vom 4.12.2014 nicht hinausgeht.

Gegen den Bescheid vom 2.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2014 wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG). Er begehrt...

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