Urteil Nr. IX ZR 137/22 des IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 08-02-2024
ECLI | ECLI:DE:BGH:2024:080224UIXZR137.22.0 |
Date | 08 Febrero 2024 |
Docket Number | IX ZR 137/22 |
Court | IX. Zivilsenat |
ECLI:DE:BGH:2024:080224UIXZR137.22.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 137/22
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 675, 280 Abs. 1
a) Das Lohnbuchhaltungsmandat umfasst keine Pflicht, die Frage der Sozialversiche-
rungspflicht eigenständig zu klären.
b) Für die der Berechnung der Abzugsbeträge vorgelagerte Frage der Sozialversiche-
rungspflicht der Tätigkeit eines Mitarbeiters des Mandanten hat der Lohnbuchhalter
nach einer verbindlichen Vorgabe durch den Auftraggeber zu verfahren. Fehlt eine
solche verbindliche Vorgabe und ist die statusrechtliche Einordnung des Mitarbei-
ters weder als anderweitig geklärt noch als zweifelsfrei anzusehen, hat der Lohn-
buchhalter auf eine Klärung der Statusfrage durch den Auftraggeber hinzuwirken
(Fortentwicklung von BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - IX ZR 246/02; vom
23. September 2004 - IX ZR 148/03).
c) Hat der Lohnbuchhalter auf eine Klärung der Statusfrage durch den Mandanten hin-
zuwirken, muss er dem Mandanten die Möglichkeit einer rechtssicheren Klärung
aufzeigen, etwa durch Einholung anwaltlichen Rats oder durch Klärung der Status-
frage im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV oder eines
Verfahrens vor den Einzugsstellen der Krankenkassen nach § 28h Abs. 2 SGB IV,
und ihn um Entscheidung zum weiteren Vorgehen und zur statusrechtlichen Be-
handlung des Mitarbeiters im Rahmen der Lohnbuchhaltung ersuchen.
BGH, Urteil vom 8. Februar 2024 - IX ZR 137/22 - OLG Koblenz
LG Trier
- 2 -
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2023 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer,
den Richter Dr. Schultz, die Richterin Dr. Selbmann, die Richter Weinland und
Kunnes
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 9. Juni 2022, berichtigt durch Be-
schluss vom 6. Juli 2022, aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine im Jahr 2013 gegründete Gesellschaft mit beschränk-
ter Haftung. Ihre drei Gesellschafter ließen sich bei der Gründung von der Hand-
werkskammer sowie von einem Versicherungsmakler beraten. Der am
21. Oktober 2013 beurkundete Gesellschaftsvertrag sah eine Beteiligung der
Gesellschafter zu gleichen Teilen vor. Die Beschlussfassung war mit einfacher
Mehrheit möglich. Eine Sperrminorität zugunsten eines Gesellschafters war nicht
vorgesehen. Die drei Gesellschafter waren zugleich als Geschäftsführer ange-
stellt.
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