Urteil vom 05.12.2019 - BVerwG 3 C 17.18

JurisdictionGermany
Judgment Date05 Diciembre 2019
Neutral CitationBVerwG 3 C 17.18
ECLIDE:BVerwG:2019:051219U3C17.18.0
Applied RulesEU-GRCh Art. 15, 21 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1,VO (EU) Nr. 1178/2011 Anhang I (Teil-FCL) FCL.010, FCL.015, FCL.065 Buchst. b, FCL.900, FCL.915, FCL.1000, FCL.1010, FCL.1020, FCL.1025, FCL.1030, FCL.915.TRI, FCL.940.TRI, FCL.1010.TRE.
Registration Date27 Febrero 2020
Record Number051219U3C17.18.0
Subject MatterRecht der Verkehrswirtschaft und des Verkehrsrechts, sowie des Betriebs von Wasserstraßen
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Urteil vom 05.12.2019 - 3 C 17.18

BVerwG 3 C 17.18

  • VG Gießen - 10.06.2015 - AZ: VG 6 K 2279/14.GI
  • VGH Kassel - 18.10.2018 - AZ: VGH 9 A 1844/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Prof. Dr. habil. Wysk, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und den
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Oktober 2018, berichtigt durch Beschluss vom 1. November 2018, wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe I

1 Der Kläger, der eine Privatpilotenlizenz für Hubschrauber - PPL(H) - besitzt, begehrt die Anerkennung als Lehrberechtigter für Musterberechtigungen (Hubschrauber) - TRI(H) - und als Prüfberechtigter für Musterberechtigungen (Hubschrauber) - TRE(H).

2 Dem 1948 geborenen Kläger war am 24. Juli 2012 auf Grundlage der Joint Aviation Requirements - Flight Crew Licensing (JAR-FCL) eine bis zum 24. Februar 2014 gültige Lizenz für Verkehrspiloten (Hubschrauber) - ATPL(H) ausgestellt worden. Eingetragen war dort auch eine bis zum 31. August 2015 gültige Lehrberechtigung als Fluglehrer für Musterberechtigungen Hubschrauber - Type Rating Instructor TRI(H) - für die Hubschraubertypen SA365/365N, R22 und R44. Darüber hinaus verfügte der Kläger über eine vom Luftfahrt-Bundesamt am 12. Juli 2012 erteilte und bis zum 16. Juli 2015 gültige Anerkennung für Prüfer (Examiner Authorisation), die unter anderem die Prüferberechtigung Type Rating Examiner (Hubschrauber) - TRE(H) - einschloss.

3 Auf den vom Kläger nach dem Erreichen des 65. Lebensjahrs gestellten Antrag wandelte der Beklagte am 26. Juni 2014 dessen bisherige Verkehrspilotenlizenz auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 311 S. 1) - im Folgenden: Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 - in eine Privatpilotenlizenz für Hubschrauber - PPL(H) - um. Diese neue Lizenz enthielt Musterberechtigungen als Pilot in Command - PIC - für die Hubschraubertypen S365/EC155, SA365 C, R22 und R44 sowie die Lehrberechtigung FI(H) PPL, night.

4 Mit E-Mail vom 7. Juli 2014 beanstandete der Kläger gegenüber dem Beklagten, dass die Pilotenlizenz die Lehrberechtigung "Fluglehrer für Musterberechtigungen" (Type Rating Instructor - TRI) nicht mehr enthalte, und bat um Ergänzung. Diesem Antrag entsprach der Beklagte nicht; zur Begründung verwies er in seiner E-Mail vom 1. September 2014 darauf, dass nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften in FCL.915.TRI und FCL.940.TRI auch für die Verlängerung oder Erneuerung der Lehrberechtigung TRI eine Berufspilotenlizenz (CPL, MPL oder ATPL) erforderlich sei, über die der Kläger nach der Umwandlung seiner Lizenz in eine Privatpilotenlizenz PPL(H) aber nicht mehr verfüge.

5 Unter dem 30. Juni 2014 beantragte der Kläger die Ausstellung einer neuen Anerkennung für Prüfer. Mit Bescheid vom 7. August 2014 erteilte der Beklagte ihm ein Zeugnis (Anerkennung) für Prüfer - EXAM(H) Teil-FCL - mit den Berechtigungen FE PPL(H), Flugprüfer für PPL(H)/LAPL(H), sowie FIE(H), Prüfer für Fluglehrer (H). Die Eintragung der im vorherigen Anerkennungsbescheid darüber hinaus enthaltenen Prüferberechtigung Type Rating Examiner - TRE(H) - lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass sie gemäß FCL.1010.TRE eine Lizenz als Berufs-Hubschrauberpilot erfordere; diese Voraussetzung liege beim Kläger seit der Umwandlung seiner Lizenz in eine Privatpilotenlizenz nicht mehr vor.

6 Die auf die Erteilung der Berechtigungen TRI(H) und TRE(H) gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Gießen mit Urteil vom 10. Juni 2015 abgewiesen.

7 Die Berufung des Klägers hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 18. Oktober 2018 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger habe wegen der auf seinen Antrag hin erfolgten Umwandlung seiner bisherigen Verkehrspilotenlizenz - ATPL(H) - in eine Privatpilotenlizenz - PPL(H) - keinen Anspruch auf Eintragung der Lehrberechtigung TRI(H) und auf Zuerkennung der Prüferberechtigung TRE(H); ihm fehle die dafür notwendige Berufspilotenlizenz. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Pilotenlizenzen und damit verbundene Berechtigungen und Zeugnisse ergäben sich aus den Allgemeinen Vorschriften in Abschnitt A des Anhangs I (Teil-FCL) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011. Eine Gesamtschau der Regelungen über die Erteilung und Verlängerung von Berechtigungen ergebe, dass - entgegen der Auffassung des Klägers - der Begriff "Bewerber" sowohl für Ersterteilung als auch für die Verlängerung von Berechtigungen und Lizenzen verwendet werde. Die nach diesen Vorschriften zu fordernde Voraussetzung einer CPL-, MPL- oder ATPL-Lizenz erfülle der Kläger nicht mehr, nachdem seine Verkehrspilotenlizenz wie von ihm beantragt in eine Privatpilotenlizenz PPL(H) umgewandelt worden sei. Wegen dieses Antrags gehe auch der Einwand des Klägers fehl, seinem Anspruch auf Verlängerung der Lehr- und Prüferberechtigungen stehe das Erreichen des 65. Lebensjahres nicht entgegen, weil die Regelung in FCL.065 nur eine Pilotentätigkeit im gewerblichen Luftverkehr und damit nach der Begriffsbestimmung in FCL.010 lediglich die entgeltliche Beförderung von Passagieren, Fracht oder Post ausschließe, nicht aber eine Tätigkeit als Fluglehrer und Prüfer. Aus demselben Grund und weil die Sachverhalte nur eingeschränkt vergleichbar seien, führe auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 5. Juli 2017 - C-190/16 - zu keinem anderen Ergebnis. Die Nichtanerkennung als Ausbilder für Musterberechtigungen verstoße nicht gegen Art. 12 GG oder das Verbot der Altersdiskriminierung nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta ). Sie knüpfe nicht an das Erreichen der Altersgrenze an, sondern an die auf den eigenen Antrag des Klägers vorgenommene Umwandlung seiner Verkehrs- in eine Privatpilotenlizenz PPL(H). Die Vereinbarkeit der Altersgrenze mit Art. 12 GG habe das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe entschieden, dass das Verbot, nach dem 65. Lebensjahr als Pilot im gewerblichen Luftverkehr tätig zu sein, eine gesetzlich vorgesehene Einschränkung im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta sei. Aus den gleichen Gründen habe der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Anerkennung als Prüfer für Musterberechtigungen bei Hubschraubern - TRE(H).

8 Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Das Berufungsgericht nehme zu Recht an, dass die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 für die vom Kläger begehrte Anerkennung als Lehrberechtigter TRI(H) und als Prüfberechtigter TRE(H) eine Verkehrs- oder Berufspilotenlizenz voraussetze.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ebenfalls der Auffassung, dass für die Verlängerung der Lehrberechtigung TRI(H) und der Prüferberechtigung TRE(H) eine Privatpilotenlizenz nicht ausreiche.

II

10 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Lehrberechtigung TRI(H) und die Prüferberechtigung TRE(H) dürfen nicht verlängert oder erneuert werden, wenn der Bewerber nur noch Inhaber einer Privatpilotenlizenz ist. Insoweit hat das Berufungsgericht die maßgeblichen Regelungen im Anhang I (Teil-FCL) der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 zutreffend ausgelegt (1. und 2.). Das Berufungsurteil verletzt hingegen Unionsrecht, soweit es davon ausgeht, ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach der EU-Grundrechtecharta scheide bereits deshalb aus, weil die Umwandlung der bisherigen Verkehrspilotenlizenz des Klägers in eine Privatpilotenlizenz auf dessen eigenen Antrag erfolgt sei. Da dieser Antrag und der nachfolgende Umtausch durch das Erreichen der Altersgrenze für Piloten im gewerblichen Luftverkehr nach FCL.065 Buchst. b veranlasst waren, handelt es sich bei den daraus resultierenden Folgen für die Lehr- und Prüferberechtigung um eine mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Doch sind die damit verbundenen Einschränkungen auch insoweit nach Art. 52 Abs. 1 der EU-Grundrechtecharta gerechtfertigt. Gleiches gilt in Bezug auf die unionsrechtlich durch Art. 15 GRC geschützte Berufsfreiheit des Klägers (3.).

11 1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung als Lehrberechtigter für Musterberechtigungen (Hubschrauber) - TRI(H) beruht auf einer zutreffenden Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011, zum für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1747 der Kommission vom 15. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 in Bezug auf die Vorschriften für bestimmte Lizenzen und Zeugnisse der Flugbesatzungen und die Vorschriften für Ausbildungsorganisationen und zuständige Behörden (ABl. L 212 S. 1). Der Hessische Verwaltungsgerichtshof nimmt zu Recht an, dass FCL.915.TRI anzuwenden ist und daher nicht nur die Ersterteilung, sondern auch die Verlängerung oder Erneuerung der Lehrberechtigung TRI(H) voraussetzt, dass der Bewerber im Besitz einer CPL-, MPL- oder...

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