Urteil vom 16.01.2014 - BVerwG 2 WD 31.12

JurisdictionGermany
Judgment Date16 Enero 2014
Neutral CitationBVerwG 2 WD 31.12
ECLIDE:BVerwG:2014:160114U2WD31.12.0
CitationBVerwG, Urteil vom 16.01.2014 - 2 WD 31.12
Registration Date06 Mayo 2014
Applied RulesSG § 1 Abs. 3, §§ 7, 14 Abs. 1 Satz 1, § 17 Abs. 2 Satz 2, § 19 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 1,VorgV § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3,WStG § 48 Abs. 1,StGB § 331 Abs. 1, § 332 Abs. 1, § 353 b Abs. 1 Nr. 1,WDO §§ 16, 17 Abs. 2 bis 4, § 38 Abs. 1, § 58 Abs. 2 Nr. 4, § 63 Abs. 3 Satz 1, § 65 Abs. 1 Satz 2, § 84 Abs. 1, § 106 Abs. 1, § 107 Abs. 2 Satz 1, § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 2 Satz 2
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number160114U2WD31.12.0

BVerwG 2 WD 31.12

  • TDG Nord 2. Kammer - 23.05.2012 - AZ: TDG N 2 VL 11/11

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 16. Januar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
ehrenamtlicher Richter Oberst i.G. Kretzer und
ehrenamtlicher Richter Oberfeldarzt Flemming,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ...
als Verteidiger,
Hauptsekretärin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 2. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 23. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Der frühere Soldat trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen.
Gründe I

1 Der 1948 geborene frühere Soldat trat 1968 den Dienst in der Bundeswehr als Offizieranwärter an. Er wurde 1971 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen. Zuletzt wurde er 1994 zum Oberstleutnant befördert und Anfang 2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seine Dienstzeit endete zum 30. September 2006.

2 Der frühere Soldat war nach zahlreichen Verwendungen ab Mai 2001 beim A als Dezernatsleiter ..., eingesetzt. In dieser Funktion war er - in Zusammenarbeit mit dem Einsatzunterstützungskommando - mitverantwortlich für das Erstellen von Leistungsbeschreibungen für Lufttransporte, auf deren Basis das Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV) die benötigten Leistungen ausschrieb und die entsprechenden Verträge mit Speditionsfirmen schloss. Ab Oktober 2002 übernahm das Logistikzentrum der Bundeswehr diese Aufgabe des vom früheren Soldaten geleiteten Dezernats.

3 Mit Verfügung des Befehlshabers A vom 20. Dezember 2004 wurde der frühere Soldat wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts ab dem 23. Dezember 2004 bis zu seinem Dienstzeitende vorläufig des Dienstes enthoben. Ab dem 1. Februar 2005 wurde die Hälfte seiner Dienstbezüge einbehalten; die Einbehaltung eines Teils der Versorgungsbezüge wurde nicht angeordnet.

4 Die Leistungen des früheren Soldaten wurden in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 22. August 2001 viermal mit der seinerzeit höchsten Wertungsstufe „7“, einmal mit der Wertungsstufe „5“ und im Übrigen mit der Wertungsstufe „6“ bewertet. Ergänzend ist im Wesentlichen ausgeführt, der Soldat setze sich beispielhaft und überaus erfolgreich für die Erreichung gesetzter Ziele ein, gebe auch bei wachsenden Widerständen nicht auf und erreiche mit Tatkraft, Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit stets herausragende Ergebnisse. Seine stark ausgeprägte Expertise führe insbesondere bei der Planung von Verlegeoperationen zu allseitiger Anerkennung. Der Soldat überzeuge durch eine konstruktive, selbstständige und vorausschauende Aufgabenwahrnehmung. Er habe neben seiner unmittelbaren Zuständigkeit auch in „ad hoc“-Arbeitsgruppen beispielhaft und mit hohem zeitlichen Aufwand mitgewirkt. Unermüdlicher Fleiß und kreative Ideen seien seine herausragenden Merkmale. In der Eignungs- und Befähigungsbeurteilung erhielt der frühere Soldat für das Merkmal „Verantwortungsbewusstsein“ die höchste Wertung „E“. Dazu heißt es, der Soldat sei ein Stabsoffizier mit sehr stark ausgeprägtem Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein sowie beispielhafter Loyalität. Er nehme seinen Aufgabenbereich eigenständig und professionell wahr, biete sich über den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich hinaus in wohltuender Weise an und fühle sich für den Gesamtauftrag verantwortlich. Die weiteren Merkmale wurden mit "D" bewertet. Der Soldat sei ein selbstbewusster, tatkräftiger, durchsetzungsfähiger und ehrgeiziger Stabsoffizier. Seine erkennbare Freude an der beruflichen AufgabensteIlung strahle auf sein gesamtes Umfeld aus und wirke auf Mitarbeiter motivierend. Seine Expertise solle zukünftig durch herausgehobene Verwendungen auf der A 16-Ebene oder einem Dienstposten des Generalstabsdienstes gefördert werden.

5 Der nächsthöhere Vorgesetzte des früheren Soldaten und seinerzeitige Abteilungsleiter der Abteilung ... im A, Brigadegeneral a.D. Schw., hat dessen Förderungswürdigkeit mit der zweithöchsten Stufe „D“ festgesetzt und hervorgehoben, der Soldat verstehe es durch sein ausgezeichnetes Planungsverhalten und sein hervorragendes organisatorisches Können in ganz außergewöhnlichem Maße, seine Mitarbeiter zu sehr guten Leistungen anzuhalten. Er schätze dessen Fähigkeiten als Verhandlungsführer und guter Motivator. Vor dem Truppendienstgericht hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ergänzend ausgeführt, der frühere Soldat habe seinen Zuständigkeitsbereich perfekt beherrscht. Er sei hoch motiviert und aufgrund seiner Leistungen auch für eine Verwendung als Leiter der Abteilung „Verkehr- und Transport“ geeignet gewesen. Allerdings hätte er vor Übernahme dieser Funktion an seinem Führungsverhalten arbeiten müssen. In der Berufungshauptverhandlung hat der Zeuge erläutert, der frühere Soldat sei ein Offizier gewesen, der auch kantige Seiten gehabt habe und gut habe verhandeln können. Es sei allerdings nicht immer einfach mit ihm gewesen. Auch wenn er selbst ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt habe, habe er sich in Gespräche des früheren Soldaten mit anderen Institutionen gelegentlich einschalten müssen; dies habe auch das BAWV betroffen.

6 Dem früheren Soldaten wurden vier förmliche Anerkennungen erteilt. Die letzte erhielt er im April 2002 für sein beispielhaftes Engagement und seine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft im Zusammenhang mit der in den streitbefangenen Zeitraum fallenden Planung und Sicherstellung des Deutschen Anteils am Lufttransport für Afghanistan. Nach der Auskunft aus dem Zentralregister vom 12. September 2013 ist der frühere Soldat, von der sachgleichen Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen abgesehen, strafrechtlich nicht vorbelastet.

7 Der verheiratete frühere Soldat erhält nach dem Stand September 2013 ein monatliches Ruhegehalt von 4 327,50 € brutto und 3 681,01 € netto. Seine erwachsenen Kinder sind finanziell unabhängig. Neben einem Einfamilienhaus in M. (Wohnsitz) und einem vermieteten Reihenhaus in S., deren Eigentümer er jeweils zur Hälfte ist, ist er Alleineigentümer eines Apartmenthauses auf Rügen („...“). Sein Jahresgesamteinkommen beziffert er mit ca. 100 000 € netto. Die monatliche Belastung für die Finanzierung des Apartmenthauses liegt bei ca. 8 500 €.

II

8 1. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts ... (Strafgericht) vom 19. Oktober 2007 (Strafurteil) wurde der frühere Soldat wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Strafurteil eingelegte Berufung wurde zurückgenommen. Der Zeuge Schm. wurde 2006 wegen Bestechung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

9 Vor der Verkündung des Strafurteils in der Hauptverhandlung am 19. Oktober 2007 hatten am 8. Dezember 2006 und am 27. Juni 2007 Hauptverhandlungen stattgefunden. Zu keiner der Hauptverhandlungen, in der der frühere Soldat von einem anderen Rechtsanwalt verteidigt worden war, waren Zeugen geladen worden, obwohl die Anklageschrift als Beweismittel 19 Zeugen benannt hatte. Im Protokoll zur Verhandlung vom 8. Dezember 2006 ist vermerkt, dass sich alle Verfahrensbeteiligten vor Verlesung der Anklageschrift zu einem Rechtsgespräch zurückgezogen hätten. Vor dem Vertagungsbeschluss ist die Feststellung, dass die Sache nicht zu Ende verhandelt werden könne, protokolliert. Im Protokoll zur Verhandlung vom 27. Juni 2007 findet sich vor einem weiteren Vertagungsbeschluss die Feststellung, dass die Akte noch beim Rentenamt sei.

10 Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung am 19. Oktober 2007 erklärte der Verteidiger des früheren Soldaten unter anderem, dass „der Anklage nicht entgegentreten werde“. Die Anklagevorwürfe seien „voll umfänglich zutreffend“. Sein Mandant habe einen Fehler gemacht, indem er 25 056 € angenommen habe; weitere ihm angelastete Beträge habe er aber zurückgewiesen. Das Gericht wies in der Sitzung darauf hin, dass eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat in Betracht komme, und stellte das Verfahren hinsichtlich des Anklagepunktes 4 ein. Zu einer förmlichen Beweisaufnahme kam es nicht. Der frühere Soldat erklärte abschließend, sich den Ausführungen seines Verteidigers anzuschließen.

11 In den Urteilsgründen, die wörtlich den in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ... (vom 8. November 2006) enthaltenen Formulierungen von den dem früheren Soldaten zur Last gelegten Taten entsprechen und sich auch zum Anklagepunkt 4 verhalten, heißt es ausschließlich, die tatsächlichen Feststellungen beruhten auf der umfänglichen geständigen Einlassung des früheren Soldaten. Hinsichtlich der Strafzumessung sei es deshalb vertretbar, bei der Bestechlichkeit die Mindeststrafe von 6 Monaten um lediglich 2 Monate zu erhöhen, weil der frühere Soldat dem Gericht durch sein Geständnis eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart habe.

12 Im Rahmen einer richterlichen Vernehmung nach einer Festnahme des früheren Soldaten im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit hatte dieser bereits am 16. Dezember 2004 erklärt:
„Es ist...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT