Urteil vom 17.12.2021 - BVerwG 7 C 9.20

JurisdictionGermany
Judgment Date17 Diciembre 2021
Neutral CitationBVerwG 7 C 9.20
ECLIDE:BVerwG:2021:171221U7C9.20.0
Applied RulesWHG §§ 34, 35,GG Art. 72, Art. 74 Abs. 1 Nr. 32
Registration Date31 Marzo 2022
Record Number171221U7C9.20.0
Subject MatterWasser- und Deichrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Urteil vom 17.12.2021 - 7 C 9.20 -

BVerwG 7 C 9.20

  • VG Chemnitz - 19.07.2017 - AZ: VG 2 K 340/15
  • OVG Bautzen - 11.12.2019 - AZ: OVG 4 A 1219/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2021
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther, Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2019 wird zurückgewiesen
  2. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin
Gründe I

1 Die Klägerin wendet sich gegen einen wasserrechtlichen Bescheid, mit dem ihr die weitere Bauausführung an einer Wasserkraftanlage untersagt wurde.

2 Die Klägerin betreibt im Erzgebirge an dem Fluss S. eine Wasserkraftanlage, die sie von ihrem Geschäftsführer seit 2012 gepachtet hat. Die Wehranlage befindet sich in A. auf einem Flurstück, das im Eigentum des Freistaates Sachsen steht. Sie bestand seit 1931 aus einem Betonfundament, einer beweglichen Stauklappe und einem Gegengewicht in Form eines Bedienerstegs. Infolge eines Hochwassers im Jahr 1998 wurde ein Teil des Betonfundaments herausgerissen und die Stauklappe beschädigt. Daraufhin errichteten die damaligen Betreiber oberhalb des Wehres ein Provisorium aus geschichteten Betonplatten. Im Sommer 1999 brachten sie ein neues Stahlbetonfundament in das S. ein und montierten eine neue Wehrklappe. Wasserrechtliche Genehmigungen wurden nicht eingeholt.

3 Im November 2005 stellte das Landratsamt A.-S. dem Geschäftsführer der Klägerin gegenüber fest, dass der Betrieb der Wasserkraftanlage als Stauanlage aufgrund eines wasserrechtlichen Altrechts unter dort näher genannten Voraussetzungen zur Energieerzeugung aus Wasserkraft zulässig ist. Die Feststellung des Fortbestands des alten Rechts beschränke sich auf den Bestand der Anlage gemäß den Eintragungen ins Wasserbuch in den Jahren 1923, 1925 und 1934. Die seit 1990 an der Anlage durchgeführten Änderungen seien nicht Gegenstand des Bescheids und bedürften gesonderter wasserrechtlicher Prüfungen und gegebenenfalls nachträglicher Entscheidungen.

4 Im April 2014 brach der Bedienersteg der Wasserkraftanlage durch. Die Klägerin beabsichtigte, die beschädigten Teile zu beseitigen und einen identischen Neubau errichten zu lassen, und ließ die Arbeiten beginnen. Daraufhin untersagte der Beklagte mit Bescheid vom 11. April 2014 unter Androhung von Zwangsgeld, die weitere Bauausführung an der Wasserkraftanlage und eine provisorische Arretierung der Wehrklappe. Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.

5 Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Klage sei zulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei nicht zu verneinen, weil die Frage, ob der Klägerin ein Recht zur Gewässerbenutzung zustehe, der Begründetheit zuzuordnen sei. Der Untersagungsbescheid sei materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 WHG lägen vor. Die Klägerin verfüge für die Benutzung des S. nicht über eine wasserrechtliche Erlaubnis. Insbesondere könne sie ein Recht zur Benutzung der Wasserkraftanlage nicht aus einem ihrem Geschäftsführer zustehenden Altrecht ableiten. Der Geschäftsführer habe bei Abschluss des Pachtvertrags im Jahr 2012 über kein Altrecht mehr verfügt. Die Ermessensausübung sei nicht zu beanstanden. Der Beklagte habe berücksichtigen dürfen, dass die Anlage materiell derzeit nicht genehmigungsfähig sei. Sie sei nicht mit funktionsfähigen Anlagen oder Wegen zum Fischwechsel gemäß § 21 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 SächsWG ausgestattet.

6 Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend: Das Oberverwaltungsgericht habe im Hinblick auf das anlagenbezogene Landeswasserrecht zu Unrecht von einer formellen Illegalität auf das Erlöschen eines nach § 15 Abs. 1 WHG a.F. fortgeltenden alten Wasserrechts geschlossen. Alte Wasserrechte seien vom Gesetzgeber als geschützte Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ausgestaltet. Zu Unrecht sei auch die Ermessensbetätigung unbeanstandet geblieben, obwohl der Beklagte die Stilllegung der Wasserkraftanlage allein aufgrund der festgestellten formellen Illegalität verfügt habe. In Bezug auf Anlagen an, in, über oder unter Gewässern sei sowohl die formelle als auch die materielle Illegalität des Vorhabens...

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