Urteil vom 19.05.2016 - BVerwG 2 WD 13.15

JurisdictionGermany
Judgment Date19 Mayo 2016
Neutral CitationBVerwG 2 WD 13.15
ECLIDE:BVerwG:2016:190516U2WD13.15.0
CitationBVerwG, Urteil vom 19.05.2016 - 2 WD 13.15
Registration Date03 Agosto 2016
Applied RulesStGB § 21,SG §§ 7, 11 Abs. 1, §§ 12, 17 Abs. 2 Satz 1,WDO § 91 Abs. 1 Satz 3, § 108 Abs. 3,EMRK Art. 6,GG Art. 97 Abs. 1
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number190516U2WD13.15.0

BVerwG 2 WD 13.15

  • TDG Süd 1. Kammer - 16.10.2014 - AZ: TDG S 1 VL 17/10

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 19. Mai 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
ehrenamtlicher Richter Oberst Jesgulke und
ehrenamtliche Richterin Oberfeldwebel Müller,
...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt ...
als Pflichtverteidiger,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufungen des früheren Soldaten und der Wehrdisziplinaranwaltschaft gegen das Urteil der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 16. Oktober 2014 werden zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden je zur Hälfte dem früheren Soldaten und dem Bund auferlegt, der auch die Hälfte der dem früheren Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
Gründe I II

10 1. Das gerichtliche Disziplinarverfahren ist nach Anhörung des früheren Soldaten und Eröffnung der Stellungnahme der Vertrauensperson mit ihm am 22. Oktober 2010 ausgehändigter Verfügung des Kommandeurs ... vom 11. Oktober 2010 eingeleitet worden.

11 2. Nach Gewährung des Schlussgehörs und auf der Grundlage der dem früheren Soldaten am 21. Dezember 2010 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 2. Dezember 2010 hat ihn die 1. Kammer des Truppendienstgerichts Süd durch Urteil vom 16. Oktober 2014 in den Dienstgrad eines Stabsfeldwebels a.D. herabgesetzt. Zwar sei der frühere Soldat vom Anschuldigungspunkt 4 freizustellen; im Übrigen stehe jedoch fest:
"1. Zu den Anschuldigungspunkten 1, 2, 4 und 5:
Zum Zeitpunkte der angeschuldigten Vorfälle wurde der frühere Soldat im ... als Kasernenoffizier und S3-Feldwebel eingesetzt. Für die im Geschwader zentralisiert durchgeführte 'Einsatzausbildung ...' war er vom ... und von seinem früheren Fachvorgesetzten (...), Major A, mit Ausbildungsaufgaben betraut worden. In diesem Zusammenhange war er auch für die Beschaffung und Anforderung des erforderlichen Ausbildungsmaterials - einschließlich Manöver-, Signal- und Darstellungsmunition - mitverantwortlich. Das für die Durchführung der ...-Ausbildung notwendige Material wurde nicht immer vollständig verbraucht, vielmehr blieben Reste übrig. Anstatt die nicht verbrauchte Munition bei der dafür zuständigen Teileinheit 'Munition' abzugeben, wo alles im Einzelnen verbucht worden wäre, und sie damit in den Versorgungskreislauf zurückzuführen, nahm der frühere Soldat sie bewusst an sich und lagerte sie entweder - in geringen Mengen - in seinem Dienstzimmer (Raum ...) im Gebäude ... oder- mit Masse - im Raume ... im Dachgeschosse des Gebäudes ... ein. Beide Örtlichkeiten liegen innerhalb der Kaserne des .... Absicht des früheren Soldaten war es, die zurückgehaltene - nach seinen Worten 'nur zwischengelagerte' - Restmunition bei anderen Ausbildungsvorhaben zu dienstlichen Zwecken zu nutzen. Sie sollte nie in seinen Privatbesitz gelangen, sondern war ausschließlich für die verbandsinterne Ausbildung gedacht. Als Beispiel für eine Weiterverwendung zu Ausbildungszwecken hat der frühere Soldat angegeben, Teile der zurückgehaltenen Manövermunition im Rahmen der Übungen zum Erhalt der Schussfestigkeit (Knallimmunität) der Diensthunde der zivilen Wache eingesetzt zu haben. ... Nach seinen eigenen Angaben war dem früheren Soldaten bei Anlegen der Sonderbestände klar, dass er vorschriftswidrig handelte, weil die Einlagerung in seinem Dienstzimmer und in dem besagten Dachgeschossraume, zu dem nur er Zutritt hatte, gegen die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen der Bundeswehr für die Lagerung von Munition verstieß. Diese Sicherheitsbestimmungen finden sich in der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 34/250 ('Schutz- und Sicherheitsbestimmungen für die oberirdische Lagerung von Munition'), Anlage 5 ('Aufbewahren von Munition in Kasernen'). Unter Abschnitt II ('Regelungen für das Aufbewahren von Munition in Kasernen') heißt es dort:
5. Munition darf nur an den zugewiesenen Orten aufbewahrt werden (Munitionsaufbewahrungsorte). Die Zuweisung erfolgt durch den Kasernenkommandanten oder in dessen Auftrag. Alle Munitionsaufbewahrungsorte sind in die Brandschutzordnung aufzunehmen. Brandschutzkräfte sind im Rahmen des vorbeugenden Brandschutzes einzuweisen.
6. Munitionsaufbewahrungsorte sind z.B.:
- Munitionsbehälter,
- Stahlbehälter in Wachgebäuden,
- Räume für das Aufbewahren von Munition in Dienst-/Unterkunftsgebäuden und
- Abstellplätze mit Gefechtsfahrzeugen mit Munition für Bereitschaftszwecke.
Diese Regelungen waren dem früheren Soldaten aus seiner dienstlichen Tätigkeit inhaltlich bekannt. Er wusste auch, dass es sich bei seinem Dienstzimmer und dem Dachgeschossraume ... nicht um Munitionsaufbewahrungsorte im Sinne der Dienstvorschrift handelte. Dennoch nahm er die Nichtbeachtung der ZDv 34/250 zumindest billigend in Kauf. Den Raum ... im Dachgeschosse des Gebäudes ... hatte der frühere Soldat von außen mit einem an der Türe angebrachten Schilde gekennzeichnet, auf dem geschrieben stand:
Ausbildungsmaterial ...
Bei Rückfragen: ...
Mit ... ist '...' gemeint. Während einer längerfristigen Abwesenheit des früheren Soldaten (angesparter Urlaub vom 13. Februar bis 14. Dezember 2009) wurde der Raum, weil ein Ersatzschlüssel nicht aufgefunden werden konnte, auf Weisung des neuen S3-Offiziers, Hauptmann B, am 06. März 2009 aufgebrochen. Es wurden zwei unverschlossene und offenstehende Spinde, ein mit einem Vorhängeschloss abgesperrter weiterer Spind, ein Schreibtisch mit Unterschrank, ein Feldbett sowie diverse Flaschen (Leergut) und Lebensmittel vorgefunden. Der damalige Disziplinarvorgesetzte des früheren Soldaten, Oberleutnant C, erwirkte daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss .... und ließ den verschlossenen Spind am 19. März 2009 öffnen. Bei anschließender genauer Durchsicht des Raumes und der Spinde wurden dann die in den Anschuldigungspunkten 2, 4 und 5 dargestellten Gegenstände aufgefunden und in dienstlichen Gewahrsam genommen.
Bei der im Dachgeschossraum ... aufgefundenen Munition (Anschuldigungspunkt 2) handelte es sich im Einzelnen um:
a) Pyrotechnische Munition:
• 4 Handgranaten DM 25, 800g, KM, Nebel, GS 14, ..., Gefahrklasse: 1.4G, Verfalldatum: Oktober 2011
• 5 Handgranaten DM 25, 800g, KM, Nebel, GS 14, ..., Gefahrklasse: 1.4G, Verfalldatum: Sept. 2008
• 1 Signal Rauch DM 32, PT, orange, LR 35, ..., Gefahrklasse: 1.4G, Verfalldatum: Dezember 2008
• 1 Signal Rauch DM 23 A1B1, PT, rot, LR 36, ..., Gefahrklasse: 1.4G, Verfalldatum: Mai 2010
• 6 Simulatoren Bodensprengpunkt DM 22 PT, LV 21, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dezember 2010
• 10 Signal Rauch DM 42, PT, orange Seenot, LR 37, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dezember 2009
• 3 Signalfackeln DM 39, PT, rot, LR 42, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dezember 2007
• 10 Signallichter DM 13 81, PT, E-Stern rot, 26,5mm, LS 63, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dez. 2009
• 21 Signallichter DM 13, PT, E-Stern rot, 19mm, LS 09, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dez. 2010
• 3 Signallichter DM 36, PT, gelb, 26,5mm, LL 50, ..., Gefahrklasse: 1.3G, Verfalldatum: Dez. 2009
b) Manövermunition:
• 63 Manöverpatronen 5,56mm x 45, DM 18, AL 08, ..., Gefahrklasse: 1.4S
• 8 Manöverpatronen 5,56 mm x 45, DM 28, AL 08, ..., Gefahrklasse: 1.4S
• 2 Manöverpatronen 5,56 mm x 45, DM 28, AL 08, ..., Gefahrklasse: 1.4S
• 2 Manöverpatronen 5,56 mm x 45, DM 28, AL 08, ..., Gefahrklasse: 1.4S
• 52 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 8 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 4 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 11 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 3 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 3 Manöverpatronen 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 7,62 mm x 51, DM 28, AM 31, Gefahrklasse: 1.4C, ...
• 1 Manöverpatrone 9 mm x 19, DM 28, AQ 61, Gefahrklasse: 1.4C, ...
Zusammengefasst hatte der frühere Soldat dort 75 Manöverpatronen für das Sturmgewehr G 36, 90 Manöverpatronen für das Sturmgewehr G 3 und 1 Manöverpatrone für Pistole oder Maschinenpistole eingelagert.
Zusätzlich wurden im genannten Dachgeschossraume folgende im Eigentume des Bundes stehenden Ausrüstungsgegenstände der Bundeswehr (Wehrmaterial) vorgefunden und sichergestellt (Anschuldigungspunkte 4 und 5):
...
• 6 dienstliche Kompasse.
Mit Ausnahme der Kompasse handelte es sich um so genannte Fliegerzusatzausrüstung, die ausschließlich an fliegendes Personal zum Gebrauche und anschließender Rückgabe ausgegeben wurde. ...
Die beim früheren Soldaten aufgefundenen Ausrüstungsgegenstände wurden anhand der Versorgungsnummern und der Herstellerdaten eindeutig als Teile des abhanden gekommenen...

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