Urteil vom 24.10.2019 - BVerwG 3 C 4.18

JurisdictionGermany
Judgment Date24 Octubre 2019
Neutral CitationBVerwG 3 C 4.18
ECLIDE:BVerwG:2019:241019U3C4.18.0
Applied RulesVwGO § 42 Abs. 2, § 80 Abs. 1 Satz 2,UWG § 3a,AMG § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1, § 96 Nr. 5,GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1
Registration Date08 Enero 2020
Record Number241019U3C4.18.0
Subject MatterGesundheitsverwaltungsrecht einschl. des Rechts der Heil- und Heilhilfsberufe und des Krankenhausfinanzierungsrechts sowie des Seuchenrechts
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
CitationBVerwG, Urteil vom 24.10.2019 - 3 C 4.18

BVerwG 3 C 4.18

  • VG Köln - 14.10.2014 - AZ: VG 7 K 368/13
  • OVG Münster - 22.09.2016 - AZ: OVG 13 A 2378/14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. habil. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe I

1 Der Rechtsstreit betrifft eine arzneimittelrechtliche Drittanfechtungsklage.

2 Die Klägerin ist Inhaberin einer zentralen Zulassung für das Arzneimittel "Helicobacter Test ...". Es ist zur Herstellung einer Trinklösung bestimmt, mit der ein Atemtest zur Feststellung einer Helicobacter pylori-Infektion des Magens durchgeführt werden kann. Das Arzneimittel enthält als Wirkstoff 13C-Harnstoff, den die Klägerin von einem industriellen Hersteller bezieht. Er wird von der Klägerin in Flaschen mit jeweils 75 mg 13C-Harnstoffpulver abgefüllt.

3 Der Beigeladene betreibt eine Apotheke und stellt dort ein vergleichbares Arzneimittel her. Er bezieht den Wirkstoff ebenfalls aus industrieller Produktion, mischt ihn mit Hilfsstoffen und füllt die Mischung in einer Menge von je 75 mg 13C-Harnstoff in Kapseln. Zur Anwendung wird der Kapselinhalt in Flüssigkeit gelöst und als Trinklösung eingenommen. Der Beigeladene gibt das Arzneimittel auf der Grundlage ärztlicher Verschreibungen an Arztpraxen und Krankenhäuser ab. Die Harnstoffkapseln werden im Voraus in einem Umfang hergestellt, der unter 100 abgabefertigen Packungen pro Tag bleibt.

4 Nach Ansicht der Klägerin benötigt der Beigeladene für die Abgabe der 13C-Harnstoffkapseln eine arzneimittelrechtliche Zulassung. Sie erhob eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage vor den Zivilgerichten, die in erster und zweiter Instanz erfolgreich war. Während des Revisionsverfahrens stellte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) mit einem an den Beigeladenen adressierten Bescheid vom 6. Juni 2012 fest, dass es sich bei den von ihm hergestellten 13C-Harnstoffkapseln nicht um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel handele, weil die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung der Apothekenherstellung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG erfüllt seien. Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid zunächst erfolglos Widerspruch und anschließend Klage zum Verwaltungsgericht erhoben.

5 Während des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens hob der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 73/12 - im wettbewerbsrechtlichen Revisionsverfahren die Urteile der Vorinstanzen auf und wies die gegen den Beigeladenen gerichtete Unterlassungsklage der Klägerin ab. Der Feststellungsbescheid stehe dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3 und § 4 Nr. 11 UWG in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. März 2010 (BGBl. I S. 254) i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG entgegen, weil er dem Beigeladenen das mit der Klage beanstandete Verhalten ausdrücklich erlaube und der Verwaltungsakt nicht nichtig sei. Dass die Klägerin den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht angefochten habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage begründe lediglich eine Vollziehbarkeitshemmung und lasse die Wirksamkeit des Verwaltungsakts unberührt.

6 Die gegen den Feststellungsbescheid gerichtete verwaltungsgerichtliche Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Verwaltungsgericht Köln hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Feststellungsbescheid sei zwar rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht vorlägen. Die Klägerin habe aber nicht hinreichend dargelegt, dass der Bescheid sie in ihrem Recht auf freie Wettbewerbsteilnahme unerträglich einschränke. Damit fehle es an einer Rechtsverletzung im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig. Die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes über die Zulassung von Arzneimitteln seien allein objektiv-rechtlicher Natur und vermittelten Dritten keine subjektiven Rechte. Die Möglichkeit einer Verletzung in der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit scheide aus, weil die Klägerin ausreichende Anhaltspunkte für einen spürbaren wirtschaftlichen Schaden nicht dargetan habe. Auch mit ihrem Einwand, sie ginge aufgrund des Feststellungsbescheids ihrer wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verlustig, könne die Klägerin nicht durchdringen. Für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gelte ein anderer Maßstab.

7 Noch während des Berufungsverfahrens hat das BfArM den angefochtenen Feststellungsbescheid aufgehoben und festgestellt, dass das vom Beigeladenen...

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