BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1072/17 -
über
die Verfassungsbeschwerde
1. |
der (…) International Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, | |
2. |
der (…) PartmbB, |
- Bevollmächtigte:
- (…) -
I. |
unmittelbar gegen |
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a) |
das Urteil des Bundesgerichtshofs |
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vom 20. März 2017 - AnwZ (Brfg) 33/16 -, |
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b) |
das Urteil des Anwaltsgerichtshofs Baden-Württemberg |
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vom 1. Juni 2016 - AGH 18/2015 II (SG 1) -, |
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c) |
den Widerspruchsbescheid der Rechtsanwaltskammer Stuttgart |
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vom 4. August 2015 - WS-Nr. 11/15 bw-ef -, |
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d) |
die Entscheidung der Rechtsanwaltskammer Stuttgart |
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vom 30. Juni 2015 - ZA 401519/15 ef - |
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II. |
mittelbar gegen |
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§ 59e Absatz 1 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsordnung in der bis zum |
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Harbarth
und die Richterinnen Ott,
Härtel
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der
Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 4. August 2022 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
I.
1. Die Beschwerdeführerin zu 2) ist eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, in der sich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbunden haben. Im Jahre 2015 gründeten drei ihrer Partner die Beschwerdeführerin zu 1) in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Nachdem die Beschwerdeführerin zu 1) von der Rechtsanwaltskammer als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen worden war, übertrugen die drei Gründungsgesellschafter ihre Anteile auf die Beschwerdeführerin zu 2), die dadurch Alleingesellschafterin der Beschwerdeführerin zu 1) wurde.
2. Daraufhin widerrief die Rechtsanwaltskammer mit angegriffenem Bescheid vom 30. Juni 2015 die Zulassung der Beschwerdeführerin zu 1), weil die so entstandene „mehrstöckige Rechtsanwaltsgesellschaft“ nicht im Einklang mit § 59e Abs. 1 Satz 1 und 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (in der bis zum 31. Juli 2022 geltenden Fassung, im Folgenden: BRAO a.F.) stehe. Nach Wortlaut und gesetzgeberischem Willen könnten lediglich natürliche Personen Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft werden.
Widerspruch und Anfechtungsklage der Beschwerdeführerin zu 1) blieben ohne Erfolg. Mit angegriffenem Urteil vom 20. März 2017 wies der Bundesgerichtshof auch die Berufung der Beschwerdeführerin zu 1) zurück, da eine Partnerschaftsgesellschaft nicht Gesellschafterin einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein dürfe. Auch verfassungsrechtlich sei dies nicht geboten.
3. Noch am Tag der Verkündung des angegriffenen Urteils des Bundesgerichtshofs übertrug die Beschwerdeführerin zu 2) sämtliche Anteile an der Beschwerdeführerin zu 1) zurück auf die drei Gründungsgesellschafter, um eine erneute Zulassung der Beschwerdeführerin zu 1) als Rechtsanwaltsgesellschaft zu ermöglichen. Die Rechtsanwaltskammer widerrief daraufhin den angegriffenen Ausgangsbescheid.
4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig, obwohl der Ausgangsbescheid widerrufen worden sei. § 59e Abs. 1 Satz 1 BRAO a.F. müsse verfassungskonform so ausgelegt werden, dass die Regelung der Beteiligung der Beschwerdeführerin zu 2) an der Beschwerdeführerin zu 1) nicht entgegenstehe. Es gebe keine Rechtfertigung dafür, einer Partnerschaftsgesellschaft, der ausschließlich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte angehören dürften, das...