BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 856/13 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn B...,
Palaisplatz 3, 01097 Dresden -
gegen a) | den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. Januar 2013 - I ZB 70/12 -, |
b) | den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 23. Mai 2012 - 8 S 596/11 - |
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Gaier,
Schluckebier,
Paulus
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 10. Oktober 2014 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
Der Beschwerdeführer ist sehbehindert und wendet sich mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Zugänglichmachung von Prozessunterlagen.
1. Der Beschwerdeführer beantragte in einem zivilgerichtlichen Berufungsverfahren, die Prozessunterlagen auch in Blindenschrift zu erhalten. Das Landgericht wies den Antrag zurück. Die - zugelassene - Rechtsbeschwerde blieb vor dem Bundesgerichtshof (Beschluss vom 10. Januar 2013 - I ZB 70/12 -, NJW 2013, S. 1011) ohne Erfolg. Eine blinde oder sehbehinderte Person habe keinen Anspruch aus § 191a GVG in der bis zum 30. Juni 2014 gültigen Fassung (im Folgenden: § 191a GVG a.F.) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der Verordnung zur barrierefreien Zugänglichmachung von Dokumenten für blinde und sehbehinderte Personen im gerichtlichen Verfahren (im Folgenden: ZMV) auf Zugänglichmachung der Dokumente des gerichtlichen Verfahrens in einer für sie wahrnehmbaren Form, wenn sie in dem Verfahren - wie hier der Beschwerdeführer - durch einen Rechtsanwalt vertreten werde und der Streitstoff so übersichtlich sei, dass er ihr durch den Rechtsanwalt gut vermittelt werden könne.
2. Mit seiner gegen die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, von Art. 3 Abs. 3 Satz 2, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ist durch die angegriffenen Entscheidungen nicht verletzt.
1. Das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch vorliegen, wenn die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung im Vergleich zu derjenigen nicht behinderter Menschen durch gesetzliche Regelungen verschlechtert wird, die ihnen Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten vorenthalten, welche anderen offenstehen (vgl. BVerfGE 96, 288 ; 99, 341 ; 128, 138 ).
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