BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 842/17 -
über
die Verfassungsbeschwerde
der G… B.V. & Co. KG, vertreten durch die F… B.V., diese vertreten durch die Geschäftsführer, |
- Bevollmächtigte:
-
Möhrle Happ Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,
Brandstwiete 3, 20457 Hamburg -
gegen |
Artikel 1 Ziffer 7b des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze (AÜGuaÄndG 2017) vom 21. Februar 2017 (BGBl I S. 258) sowie § 11 Absatz 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes n.F. (AÜG n.F.) |
hier: | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Harbarth
und die Richterinnen Baer,
Ott
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. Februar 2019 einstimmig beschlossen:
- Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen § 11 Abs. 5 des Gesetzes zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) in der durch Art. 1 Nr. 7b des Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017 (AÜGuaÄndG 2017) geänderten Fassung (BGBl I S. 258).
§ 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG enthält in seiner neuen Fassung das Verbot, Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer einzusetzen, wenn der Entleiherbetrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist. Eine Ausnahme gilt nach § 11 Abs. 5 Satz 2 AÜG, wenn Leiharbeitskräfte keine Tätigkeiten übernehmen, die bisher von Streikenden übernommen wurden. Schon vor der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes stand Leiharbeitskräften im Fall eines Arbeitskampfes im Betrieb ein Leistungsverweigerungsrecht zu (§ 11 Abs. 5 Satz 1 AÜG a.F., heute § 11 Abs. 5 Satz 3 AÜG). Nach der angegriffenen Regelung ist ihr Einsatz als Streikbrecher nun zusätzlich bußgeldbewehrt verboten (§ 16 Abs. 1 Nr. 8a, Abs. 2 AÜG). Leiharbeitskräfte dürfen also nicht auf mittelbar oder unmittelbar streikbetroffenen Arbeitsplätzen tätig werden, während der Betrieb unmittelbar von einem Arbeitskampf betroffen ist. Der Gesetzgeber will mit der Regelung die Position von Leiharbeitskräften stärken und eine missbräuchliche Einwirkung auf Arbeitskämpfe unterbinden (BTDrucks 18/9232, S. 27 f.).
II.
1. Die Beschwerdeführerin ist Arbeitgeberin in der Unterhaltungsindustrie. Sie betreibt bundesweit Filmtheater. Im Jahr 2012 schlossen die Beschwerdeführerin und weitere Unternehmen der Unternehmensgruppe erstmals Mantel- und Entgeltfirmentarifverträge ab, die von der Gewerkschaft zum Ende des Jahres 2016 gekündigt wurden. Der im Januar 2017 geschlossene Entgelttarifvertrag wurde seitens der Gewerkschaft fristgemäß zum 28. Februar 2019 gekündigt. Während der Arbeitskämpfe in den Jahren 2012 und 2017 setzte die Beschwerdeführerin auf den streikbetroffenen Arbeitsplätzen Leiharbeitskräfte ein.
2. Die Beschwerdeführerin hat Verfassungsbeschwerde erhoben und diese sodann mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung verbunden. Sie rügt eine Verletzung von Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Sie sei von der angegriffenen Norm unmittelbar und gegenwärtig betroffen, da Arbeitskämpfe zu erwarten seien, für die sie disponieren müsse. Ihr sei kein anderer Rechtsweg eröffnet, um sich zumutbar gegen das Verbot in § 11 Abs. 5 AÜG zur Wehr zu setzen. Die Regelung verletze sie in ihren Grundrechten. Das Verbot, auf...