BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2762/12 -
- 1 BvR 2763/12 -
über
die Verfassungsbeschwerden
I. |
1. des Herrn G..., |
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2. |
der Frau Z..., |
- Bevollmächtigte:
-
Anwaltskanzlei Zuck,
Vaihinger Markt 3, 70563 Stuttgart -
gegen |
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 6001.11, 4 A 6002.11 - |
- 1 BvR 2762/12 -,
II. |
1. der Frau P..., |
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2. |
des Herrn P..., |
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3. |
der Frau W..., |
- Bevollmächtigte:
-
Anwaltskanzlei Zuck,
Vaihinger Markt 3, 70563 Stuttgart -
gegen |
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 6001.11, 4 A 6002.11 - |
- 1 BvR 2763/12 -
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Eichberger
und die Richterinnen Baer,
Britz
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 24. Oktober 2017 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über eine Klage, mit der die Beschwerdeführer die Aufhebung älterer Urteile betreffend den Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld im Wege der Restitution und die Aufhebung dieses Planfeststellungsbeschlusses begehren. Hintergrund der Verfassungsbeschwerde ist das absehbare Abweichen der angekündigten von der im Planfeststellungsbeschluss prognostizierten Flugroute.
I.
1. a) Der Beschwerdeführer zu I. 1. klagte gegen den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. Diese Klage wurde mit Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1073.04 - abgewiesen. Die vom Beschwerdeführer zu I. 1. gegen den Planfeststellungsbeschluss und das Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde wurde von der 3. Kammer des Ersten Senats mit Beschluss vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2389/06 -, BVerfGK 13, 294 nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerdeführerin zu I. 2. erhob ebenfalls Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss 2004. Dieses Verfahren stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. Juli 2007 ein. Nachdem der Beklagte erklärt hatte, er werde die Beschwerdeführerin zu I. 2. den Klägern des Musterverfahrens gleichstellen, waren in diesem Verfahren übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben worden.
Die Klage der Beschwerdeführer zu II. 1. bis 3. gegen den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahre 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld wurde mit Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116 abgewiesen.
b) Die Beschwerdeführer erhoben mit Schriftsatz vom 10. Januar 2011 Restitutionsklage beim Bundesverwaltungsgericht, für den Beschwerdeführer zu I. 1. mit dem Antrag, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 - 4 A 1073.04 - ebenso aufzuheben wie den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 in der Fassung vom 29. Oktober 2009. Für die Beschwerdeführerin zu I. 2. sollte der verfahrenseinstellende Beschluss aufgehoben und das Verfahren für diese fortgeführt werden. Die Beschwerdeführer zu II. 1. bis 3. beantragten die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - ebenso aufzuheben wie den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 in der derzeit gültigen Fassung. Hilfsweise sollte festgestellt werden, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar sei.
c) Die Beschwerdeführer stützen die Restitutionsklage auf § 153 VwGO in Verbindung mit § 580 Nr. 7b ZPO, weil sie der Auffassung sind, relevante Unterlagen im Sinne des § 580 Nr. 7b ZPO aufgefunden zu haben.
d) Hinsichtlich des zeitlichen und verfahrensmäßigen Ablaufs des Planungsvorhabens Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld, der Flugroutenplanung und der Entwicklung des Kenntnisstands der Beteiligten im Planfeststellungsverfahren sowie zu den der Grobplanung zugrunde gelegten Flugrouten wird auf die Ausführungen in dem am heutigen Tag ergangenen Beschluss im Verfahren 1 BvR 1026/13 Bezug genommen (dortige Rn. 2 - 5).
2. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer ab. Die Restitutionsklagen seien zwar zulässig, ein Grund, die rechtskräftigen Urteile des Senats vom 16. März 2006 oder den Einstellungsbeschluss vom 3. Juli 2007 aufzuheben, liege jedoch nicht vor.
a) Soweit die Kläger die Schreiben der Deutschen Flugsicherung (DFS) vom 20. August und 26. Oktober 1998, das Schreiben der Projektplanungsgesellschaft (PPS) vom 10. September 1998 und das Schreiben des Beklagten vom 16. September 1998 als Urkunden bezeichneten, hätten sie diese Urkunden weder neu aufgefunden noch seien sie erst später in den Stand gesetzt worden, die Urkunden zu benutzen. Denn die genannten Schreiben seien den Klägern nicht unverschuldet unbekannt geblieben; die Kläger hätten sie im Vorprozess benutzen können. Die Schreiben hätten sich in den Verwaltungsvorgängen, die der Beklagte dem Gericht im Vorprozess vorgelegt habe, befunden.
b) Soweit sich die Kläger auf das H.-Schreiben vom 7. Oktober 1998, das Protokoll der Koordinierungssitzung der PPS vom 5. Oktober 1998, die Flugroutenentwürfe der DFS vom 1. Oktober 1998, die E-Mails der Mitarbeiter der DFS vom 9. Oktober 1998 und 3. Februar 2006 und das Argumentationspapier der DFS aus dem Jahr 2010 beriefen, handele es sich um neue Urkunden. Sie würden aber eine den Klägern günstigere Entscheidung über ihren Antrag auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 nicht herbeigeführt haben.
aa) Soweit im einzelnen benannte Urkunden beweisen sollten, dass die DFS für die gleichzeitige unabhängige Durchführung von Instrumentenflug-Abflügen (Instrument Flight Rules - IFR-Abflügen) auf beiden Pisten den ICAO-Richtlinien entsprechend eine Divergenz der Abflugkurse von 15° gefordert hätte, dass diese Forderung im Datenerfassungssystem (DES) der Beigeladenen zu 1) nicht berücksichtigt worden und dass dieser Umstand auch dem Beklagten bekannt gewesen wäre, seien diese Tatsachen nicht neu. Sie hätten sich bereits aus den Verwaltungsvorgängen im Vorprozess ergeben.
bb) Soweit die Urkunden beweisen sollten, dass die DFS vor Eingang des H.-Schreibens vom 7. Oktober 1998 beabsichtigte, die Grobplanung der An- und Abflugverfahren unter Berücksichtigung der 15°-Divergenz zu überarbeiten, ginge diese Tatsache nicht aus den Verwaltungsvorgängen hervor; sie wäre jedoch nicht entscheidungserheblich gewesen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit der prognostischen Flugroutenplanung sei, ob sie die Modalitäten des Flugbetriebs so weit abbilde, wie dies für die jeweilige im Planfeststellungsverfahren zu treffende Entscheidung erforderlich sei. Soweit es um die Zulassung des Vorhabens gehe, müsse sie Art und Ausmaß der Betroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung realistisch abbilden. Darüber hinaus müsse die Prognose in aller Regel mit dem Bundesamt für Flugsicherung (BAF) oder der DFS abgestimmt sein. Ziel der Abstimmung sei die Bestätigung, dass die dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende prognostische Flugroutenplanung realisierbar sei und dass sie den bisherigen Planungen der DFS entspreche, ihre Umsetzung also realistischerweise zu erwarten sei. Maßgebend für die Abstimmung seien allein die im Planfeststellungsverfahren abgegebenen Erklärungen. Die DFS habe in ihren schriftlichen Stellungnahmen vom 26. Oktober 1998 und 3. Juli 2000 an ihrer durch die Urkunden bewiesenen...