BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvQ 94/20 -
über den Antrag,
im Wege der einstweiligen Anordnung
den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 29. August 2020 - 1 S 101/20 - aufzuheben, soweit der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. August 2020 - 1 L 296/20 - in Ziffer e) aufgehoben worden ist, |
Antragsteller:… |
… |
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- Bevollmächtigte:
- … -
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Präsidenten Harbarth,
die Richterin Britz
und die Richterin Ott
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. August 2020 einstimmig beschlossen:
- Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist unzulässig.
a) Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall – auch schon vor Anhängigkeit eines Verfahrens zur Hauptsache (vgl. BVerfGE 134, 135 m.w.N.; stRspr) – einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Allerdings gilt auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2019 - 2 BvQ 91/19 -, Rn. 2; stRspr). Ein Antragsteller hat regelmäßig vorzutragen, dass der Grundsatz der Subsidiarität dem verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 3).
b) Daran fehlt es hier.
aa) Der Antragsteller wendet sich gegen eine im Verfahren des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes ergangene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, soweit dieses auf die Beschwerde des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die auf § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes (VersG) gestützte Verbotsverfügung der Versammlungsbehörde des Antragsgegners des Ausgangsverfahrens vom 26. August 2020 hinsichtlich der von dem Antragsteller unter dem 22. August 2020 als Versammlung angemeldeten „Dauermahnwache“ unter dem Motto „Berlin invites Europe – Fest für Freiheit und Frieden – Camp“ abgelehnt hat. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. Juni 2017 - 1 BvR 1387/17 -
Der Antragsteller trägt vor, er habe daraufhin am 29. August 2020 seine Anmeldung entsprechend konkretisiert. Insbesondere habe er sie unter anderem dahin ergänzt, dass es mehr als 60 Lkw-Bühnen als Debattenräume gebe, morgens mit Meditation und Gottesdiensten gestartet werde, sich über den ganzen Tag hinweg Redebeiträge, Vorträge und Diskussionen anschlössen. Es gehe jeweils darum, „wie wir in Zukunft gemeinsam zusammenleben wollen“. Eine dauerhafte Anwesenheit der Versammlungsteilnehmer sei erforderlich, um eine breite und rege Diskussion über neuartige Demokratie zu ermöglichen. Hierzu bedürfe es auch der Zelte und Wohnwagen sowie der Bühnen und technischen Einrichtungen. Seitens der Versammlungsbehörde sei diese konkretisierte Anmeldung indes nicht akzeptiert und das Camp am 30. August 2020 aufgelöst worden.
Damit beruft sich der Antragsteller auf einen in wesentlicher Hinsicht neuen Sachverhalt, den das Oberverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen konnte. Nach dem auch für das...