Urteil Nr. VIII ZR 225/17 des VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 08-01-2019

ECLIECLI:DE:BGH:2019:080119BVIIIZR225.17.0
Date08 Enero 2019
Docket NumberVIII ZR 225/17
CourtVIII. Zivilsenat
ECLI:DE:BGH:2019:080119BVIIIZR225.17.0
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
8. Januar 2019
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2; Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5
Abs. 2; FZV § 5 Abs. 1
a) Ein Fahrzeug ist nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer
eine - den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbe-
trieb reduzierende - Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10
VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG
unzulässig ist.
b) Dies hat zur Folge, dass dem Fahrzeug die Eignung für die gewöhnliche Verwen-
dung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB fehlt, weil die Gefahr einer Be-
triebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige
Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) besteht und somit
bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentli-
chen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist.
BGB § 275 Abs. 1, § 439 Abs. 1 Alt. 2
a) Ob eine gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB begehrte Ersatzlieferung einer
mangelfreien Sache nach Maßgabe des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist, hängt
nicht von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf, sondern vom
Inhalt und der Reichweite der vom Verkäufer vertraglich übernommenen
Beschaffungspflicht ab (Bestätigung von BGH, Urteile vom 7. Juni 2006 - VIII ZR
209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 20; vom 17. Oktober 2018 - VIII ZR 212/17, NJW 2019,
80 Rn. 20 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).
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b) Bei der durch interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags (§§ 133, 157 BGB)
vorzunehmenden Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der vom Verkäufer
übernommenen Beschaffungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur
Ersatzbeschaffung gleichartige und gleichwertige Sachen erfasst. Denn der
Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung gemäß § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtet
sich darauf, dass anstelle der ursprünglich gelieferten mangelhaften Kaufsache
nunmehr eine mangelfreie, im Übrigen aber gleichartige und - funktionell sowie
vertragsmäßig - gleichwertige Sache zu liefern ist (Bestätigung von BGH, Urteile
vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, aaO Rn. 23; vom 17. Oktober 2012 - VIII ZR
226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24; vom 24. Oktober 2018 - VIII ZR 66/17, NJW 2019,
292 Rn. 41 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).
Die Lieferung einer identischen Sache ist nicht erforderlich. Vielmehr ist insoweit
darauf abzustellen, ob die Vertragsparteien nach ihrem erkennbaren Willen und
dem Vertragszweck die konkrete Leistung als austauschbar angesehen haben
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 21. November 2017 - X ZR 111/16, NJW 2018,
789 Rn. 8).
c) Für die Beurteilung der Austauschbarkeit der Leistung ist ein mit einem
Modellwechsel einhergehender, mehr oder weniger großer Änderungsumfang des
neuen Fahrzeugmodells im Vergleich zum Vorgängermodell nach der
Interessenlage des Verkäufers eines Neufahrzeugs in der Regel nicht von Belang.
Insoweit kommt es - nicht anders als sei ein Fahrzeug der vom Käufer erworbenen
Modellreihe noch lieferbar - im Wesentlichen auf die Höhe der
Ersatzbeschaffungskosten an. Diese führen nicht zum Ausschluss der
Leistungspflicht nach § 275 Abs. 1 BGB, sondern können den Verkäufer
gegebenenfalls unter den im Einzelfall vom Tatrichter festzustellenden
Voraussetzungen des § 439 Abs. 4 BGB berechtigen, die Ersatzlieferung zu
verweigern, sofern diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
BGH, Beschluss vom 8. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 - OLG Bamberg
LG Bayreuth

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