Urteil Nr. XII ZR 64/21 des XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, 04-05-2022

ECLIECLI:DE:BGH:2022:040522UXIIZR64.21.0
Docket NumberXII ZR 64/21
Date04 Mayo 2022
CourtXII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
ECLI:DE:BGH:2022:040522UXIIZR64.21.0
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 64/21 Verkündet am:
4. Mai 2022
Fahrner
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 275 Abs. 1, 313 Abs. 1, 326 Abs. 1 und 4, 346 Abs. 1; EGBGB Art. 240 § 5
a) Während der Zeit der Schließung eines Fitnessstudios aufgrund der hoheitlichen
Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie war es dem Betreiber recht-
lich unmöglich, dem Nutzungsberechtigten die Möglichkeit zur vertragsgemäßen Nut-
zung des Fitnessstudios zu gewähren und damit seine vertraglich geschuldete Haupt-
leistungspflicht zu erfüllen. Für den Zeitraum der Schließung hat der Nutzungsberech-
tigte einen Anspruch auf Rückzahlung der entrichteten Monatsbeiträge, sofern der
Betreiber von der „Gutscheinlösung“ nach Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB keinen Ge-
brauch gemacht hat.
b) Eine Anpassung vertraglicher Verpflichtungen an die tatsächlichen Umstände kommt
grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn das Gesetz in den Vorschriften über die
Unmöglichkeit der Leistung die Folge der Vertragsstörung bestimmt. Daher scheidet
eine Anwendung des § 313 BGB aus, soweit der Tatbestand des § 275 Abs. 1 BGB
erfüllt ist.
c) Bei Art. 240 § 5 EGBGB handelt es sich um eine spezialgesetzliche Regelung, die
die gesetzlichen Rechtsfolgen der Unmöglichkeit modifiziert und in ihrem Geltungs-
bereich die Anwendung des § 313 BGB ausschließt.
d) Der Betreiber eines Fitnessstudios hat deshalb gegen seinen Vertragspartner keinen
Anspruch auf eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage da-
hingehend, dass die vereinbarte Vertragslaufzeit um den Zeitraum einer pandemie-
bedingten Schließung des Fitnessstudios verlängert wird.
BGH, Urteil vom 4. Mai 2022 - XII ZR 64/21 - LG Osnabrück
AG Papenburg
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter
Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Osnabrück vom 9. Juli 2021 wird auf Kosten der Beklagten zurück-
gewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten als Betreiberin eines Fitness-Stu-
dios Rückzahlung von Monatsbeiträgen, welche er in der Zeit, in der die Beklagte
ihr Fitnessstudio aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie schließen musste, entrichtet hat.
Die Parteien schlossen am 13. Mai 2019 einen Vertrag über die Mitglied-
schaft im Fitnessstudio der Beklagten mit einer Laufzeit von 24 Monaten, begin-
nend ab dem 8. Dezember 2019. Der monatliche Mitgliedsbeitrag, der im Last-
schriftverfahren eingezogen wurde, betrug 29,90 nebst einer halbjährlichen
Servicepauschale. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-
Pandemie musste die Beklagte das Fitnessstudio in der Zeit vom 16. März 2020
bis 4. Juni 2020 schließen. Die Monatsbeiträge für diesen Zeitraum zog die Be-
klagte weiterhin vom Konto des Klägers ein. Eine vom Kläger mit Schreiben vom
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