Beschluss vom 10.12.2021 - BVerwG 6 B 1.21

JurisdictionGermany
Judgment Date10 Diciembre 2021
Neutral CitationBVerwG 6 B 1.21
ECLIDE:BVerwG:2021:101221B6B1.21.0
CitationBVerwG, Beschluss vom 10.12.2021 - 6 B 1.21 -
Registration Date14 Febrero 2022
Subject MatterSchul-, Hochschul- und Wissenschaftsrecht
CourtDas Bundesverwaltungsgericht
Record Number101221B6B1.21.0

BVerwG 6 B 1.21

  • VG Münster - 24.06.2019 - AZ: VG 1 K 2683/18
  • OVG Münster - 04.11.2020 - AZ: OVG 19 A 2839/19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Dezember 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. November 2020 wird zurückgewiesen
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt
Gründe I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs durch Bescheid des zuständigen Schulamts. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf den Zulassungsantrag der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zugelassen. Nach einem Wechsel des Berichterstatters sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass eine Entscheidung über die Berufung nach § 130a VwGO als unbegründet in Betracht komme. Die Berufung ist sodann mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 4. November 2020 zurückgewiesen worden. Die Beschwerde richtet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss.

II

2 Die auf die Revisionszulassungsgründe des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3 1. Aus der Beschwerdebegründung der Klägerin ergibt sich nicht, dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann.

4 a) Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt wurde und damit ein Verfahrensmangel im Sinne der § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 138 Nr. 1 VwGO vorlag. Die Zuständigkeit der an dem angegriffenen Beschluss mitwirkenden Mitglieder des 19. Senats des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich aus den hinreichend bestimmten Geschäftsverteilungsregelungen des Oberverwaltungsgerichts und seines beschließenden Senats.

5 Aus der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen müssen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind. Die Regelungen über die Geschäftsverteilung in den jährlich aufzustellenden Geschäftsverteilungsplänen der Gerichte, die die Zuständigkeit der jeweiligen Spruchkörper festlegen und diesen die erforderlichen Richter zuweisen, müssen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Zuweisung der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache "blindlings" aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird (BVerfG, Beschluss vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 - NJW 2005, 2689 m.w.N.). Da gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch der im Einzelfall zur Mitwirkung berufene Richter ist, muss sich die abstrakt-generelle Vorausbestimmung bis auf die letzte Regelungsstufe erstrecken, auf der es um die Bestimmung der Person des im konkreten Fall mitwirkenden Richters geht. Bei einem überbesetzten Kollegialgericht muss deshalb in den Mitwirkungsregelungen des Geschäftsverteilungsplans vorab abstrakt geregelt sein, welcher der dem Richterkollegium angehörenden Richter für die anhängig werdende Sache jeweils zuständig ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 und vom 15. September 2020 - 1 BvR 2435/18 u.a. - NJ 2021, 28). Wird - wie hier - geltend gemacht, dass die Geschäftsverteilungsbestimmungen selbst nicht den Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen, sind die entsprechenden Regelungen vollumfänglich zu überprüfen; eine Beschränkung auf eine bloße Willkürkontrolle ist nicht angezeigt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 - NJW 2005, 2689 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 ).

6 Dies zugrunde gelegt ist ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht festzustellen. Die im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung des Berufungsgerichts geltenden Regelungen über die Geschäftsverteilung genügten den Anforderungen, die sich aus der Garantie des gesetzlichen Richters ergeben. Aus der gerichtsweiten Geschäftsverteilung des Oberverwaltungsgerichts für das Jahr 2020 in der Fassung der 4. Änderung vom 13. August 2020 folgte, dass mit Wirkung der Ernennung der Richterinnen am Verwaltungsgericht P. und Dr. W. zu Richterinnen am Oberverwaltungsgericht und Richter am Verwaltungsgericht Dr. W. zum Richter am Oberverwaltungsgericht (ROVG) das bisherige Mitglied des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts ROVG Dr. W. Mitglied des 19. Senats des Oberverwaltungsgerichts wurde. Entgegen der Auffassung der Beschwerde war damit auch der Zeitpunkt des Eintretens von ROVG Dr. W. in den 19. Senat hinreichend...

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