BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2225/08 -
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn P...
- 1. Rechtsanwalt Dr. Ralf Ritter,
Schulterblatt 124, 20357 Hamburg - Rechtsanwältin Britta Eder,
Bartelsstraße 9, 20357 Hamburg -
gegen a) | den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 16. September 2008 - 2 - 10/08 (REV) -, |
b) | das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. Oktober 2007 - 704 Ns 72/07 - |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Broß,
Di Fabio
und Landau
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 2. Juli 2009 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verwertung von Beweismitteln nach einer rechtswidrigen Wohnungsdurchsuchung.
I.
1. Die Wohnung des Beschwerdeführers wurde auf Anordnung des Amtsgerichts München durchsucht. Der Durchsuchung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beschwerdeführer hatte als damaliges Vorstandsmitglied des Vereins „R.e.V.“ im Jahr 1995 bei der Postbank München ein Konto für dessen Ortsgruppe München einrichten lassen. Zeichnungsberechtigt waren drei Münchner Vereinsmitglieder. Das Konto wurde genutzt, um Mitgliedsbeiträge und Spenden zu verbuchen. Hierzu wurde das Konto öffentlich, etwa in Broschüren, bekannt gemacht. Der Beschwerdeführer schied im Jahr 2000 aus dem Vereinsvorstand aus.
Im Januar 2003 wurde ein Fall des Verstoßes gegen das Markengesetz bekannt. Der spätere Anzeigeerstatter hatte bei dem Internetauktionshaus Ebay eine Uhr der Marke „Rado“, die sich als Fälschung erwies, ersteigert und per Nachnahme bezahlt. Vom Verkäufer, der im Internet den Kontaktnamen „s.“ verwendete und als Kontonummer diejenige des Vereins „R.e.V.“ angegeben hatte, war die Rückabwicklung des Geschäfts verweigert worden. Im E-Mail-Verkehr mit dem Anzeigeerstatter hatte der Verkäufer die E-Mail-Adresse „s.“ gebraucht. Nach einer im Zuge der polizeilichen Ermittlungen erteilten Auskunft des Internetanbieters Ebay handelte es sich beim Verkäufer um D. aus München. Die Firma Ebay teilte außerdem mit, die Kontoverbindung sei für eine Vielzahl von weiteren Accounts, also von weiteren Anbietern, verwendet worden. Über diese Accounts seien bei Ebay auch Computerprogramme verkauft worden. D. gab in der Beschuldigtenvernehmung an, mit dem Verkauf der Uhr nichts zu tun zu haben.
Eine Bankanfrage ergab, dass auf dem vom Verkäufer angegebenen Konto des Vereins nur ein Zahlungsvorgang verbucht war, der sich auf Verkäufe über den Internetanbieter Ebay bezog. 36,33 € waren von Ebay eingezogen und nach Widerspruch der Kontoinhaber zurückgebucht worden.
2. Das Amtsgericht München ordnete mit Beschluss vom 21. September 2004 die Durchsuchung der Wohnungen des Beschwerdeführers und der drei nach den Kontounterlagen zeichnungsbefugten weiteren Vereinsmitglieder zum Zwecke der Beschlagnahme von Rechneranlagen sowie von Unterlagen an, die Aufschluss darüber gäben, dass die Beschuldigten Uhrenplagiate sowie Computerprogramme ohne Genehmigung des Rechteinhabers veräußert haben könnten. Alle vier Personen seien verdächtig, Plagiate der Marke „Rado“ sowie verschiedene Computerprogramme ohne Genehmigung des Rechteinhabers veräußert zu haben. Die Wohnung des Beschwerdeführers wurde am 8. Dezember 2004 durchsucht.
3. Nachdem der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben hatte, stellte die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 13. November 2005 - 2 BvR 728/05 u.a. - (NStZ-RR 2006, S. 110) fest, dass der Durchsuchungsbeschluss und der ihn bestätigende Beschwerdebeschluss sowie die Wohnungsdurchsuchung den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzten. Die Beschlüsse wurden aufgehoben. Zur Begründung führte das Bundesverfassungsgericht aus, der mit der Durchsuchung verbundene Grundrechtseingriff habe außer Verhältnis zu dem allenfalls geringen Tatverdacht gestanden. Bei der bestehenden Sachlage wären vor der Anordnung einer in die Grundrechte der Betroffenen schwerwiegend eingreifenden Durchsuchung andere grundrechtsschonendere Ermittlungsschritte vorzunehmen gewesen, um den allenfalls geringen Tatverdacht zu erhärten oder endgültig zu zerstreuen.
4. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurde nichts gefunden, was auf einen Zusammenhang mit der Tat hindeutete, wegen der das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war. Dieses Ermittlungsverfahren wurde schließlich gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Bei der Durchsuchung der Wohnung, die der Beschwerdeführer mit anderen Personen im Rahmen einer Wohngemeinschaft bewohnte, wurden aber in einem dem Beschwerdeführer zugeordneten Zimmer in einem Nachttisch rd. 463g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von rd. 39g THC sowie zwei Feinwaagen gefunden. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde der Beschwerdeführer zunächst vom Amtsgericht Hamburg mit Urteil vom 24. Januar 2006 verurteilt. Dieses Urteil wurde auf die Revision des Beschwerdeführers hin vom Oberlandesgericht mit Beschluss vom 5. September 2006 mit der Begründung aufgehoben, die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei lückenhaft, soweit es um die Zuordnung des Haschischs zum Besitz des Beschwerdeführers gehe. Weiter führte das Oberlandesgericht aus, die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers sei unbegründet; denn die bei der Durchsuchung gewonnenen Beweismittel unterlägen keinem Verwertungsverbot. Der Beschwerdeführer legte gegen diesen Beschluss Verfassungsbeschwerde ein, die als unzulässig nicht zur Entscheidung angenommen wurde.
5. Nach Zurückverweisung der Sache teilte der Beschwerdeführer dem Amtsgericht schriftlich mit, das Zimmer, in dem das Haschisch gefunden worden sei, sei allein und ausschließlich von ihm benutzt worden. In der neuen Hauptverhandlung widersprach der Beschwerdeführer der Verwertung der Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung und schwieg zur Sache. Er wurde mit Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 18. April 2007 freigesprochen. Das Amtsgericht begründete dies damit, die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung unterlägen im Hinblick auf den mit der Wohnungsdurchsuchung...