BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvL 2/18 -
zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
ob „die Vorschrift des § 229 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 in Verbindung mit § 226 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Sozialgesetzbuch V verfassungsgemäß“ ist |
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- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Sozialgerichts Osnabrück |
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
die Richterin Ott
und den Richter Christ
gemäß § 81a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 9. Juli 2018 einstimmig beschlossen:
- Die Vorlage ist unzulässig
Die Vorlage betrifft die Frage, ob die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der Fassung vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
I.
1. Der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung von versicherungspflichtig Beschäftigten und versicherungspflichtigen Rentnern wird unter anderem der Zahlbetrag der mit der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Seit Einführung der Beitragspflicht von pflichtversicherten Rentnern in der gesetzlichen Krankenversicherung 1983 gelten betriebliche Altersrenten als Versorgungsbezüge (§ 180 Abs. 8 Satz 2 Nr. 5 Reichsversicherungsordnung
§ 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) lautet - soweit hier von Bedeutung -:
Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden,
5. Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung.
Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wurde zum 1. Januar 2004 § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V dahingehend erweitert, dass ein Einhundertzwanzigstel einer nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistung als monatlicher Zahlbetrag des Versorgungsbezuges gilt, sofern eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden ist. Zuvor galt dies nur für nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die an die Stelle des Versorgungsbezuges getreten waren. Außerdem wurde der zuvor geltende, hälftige, allgemeine Beitragssatz für Versorgungsbezüge auf den vollen allgemeinen Beitragssatz angehoben (§ 248 Satz 1 SGB V). Unverändert tragen Versicherungspflichtige die Beiträge aus Versorgungsbezügen nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V allein.
2. Der Kläger des Ausgangsverfahrens war bei der im Ausgangsverfahren beklagten Krankenkasse pflichtversichert, zuerst aufgrund einer abhängigen Beschäftigung, anschließend als Rentner.
Zum 1. Januar 2007 schloss der Arbeitgeber des Klägers im Ausgangsverfahren eine Direktversicherung für ihn ab. Die Versicherungsprämien setzten sich aus 90 % umgewandeltem Bruttolohn und 10 % Zuschuss des Arbeitgebers zusammen. Sie überstiegen in keinem Jahr den Wert von 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung. Am 1. Dezember 2015 erhielt der Kläger des Ausgangsverfahrens eine Kapitalauszahlung aus der Direktversicherung in Höhe von 22.731,05 Euro.
Gegen die Festsetzung der monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung für den 120. Anteil des ausgezahlten Kapitalbetrages erhob der Kläger Anfechtungsklage zum Sozialgericht, da die Kapitalzahlung überwiegend aus seiner Eigenleistung erwirtschaftet worden sei.
3. Mit Beschluss vom 29. November 2017 hat das Sozialgericht die Anfechtungsklage ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob „die Vorschrift des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V verfassungsgemäß“ sei. An dem Beschluss haben neben dem Vorsitzenden der Kammer zwei...